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Jochen Knoblauch: Marx vs. Stirner: Unterschied zwischen den Versionen

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==Besprechung==
 
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<big><big>Gustav Landauer zu Ehren</big></big>  
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<big><big>Stirner hatte keine Chance, aber er hat sie genutzt</big></big>  
  
"Endlich!", möchte man ausrufen, erfährt Gustav Landauer in Deutschland etwas Aufmerksamkeit – dafür brauchte es immerhin den 100. Todestag des libertären Sozialisten. Dabei ist das Spektrum der Aktivitäten Landauers so zahlreich, wie bei kaum einen anderen politischen Aktivisten seiner Zeit.
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<big><big>170 Jahre Stirners „Der Einzige und sein Eigentum“</big></big>
  
Eine kleine aber feine Ausstellung im Rathaus Kreuzberg vom 28. März bis 9. Mai 2019 eröffnet eine ganze Reihe von Aktivitäten rund um den 100. Todestag Landauers am 2. Mai in Berlin. Eine Handvoll Anarchisten hatte sich Anfang 2015 mit der Gründung der "Gustav Landauer Denkmalinitiative (Berlin)" vorgenommen ein Landauer-Denkmal als einen "Denkort für Freiheit und Selbstbestimmung" zu errichten. Wie immer bei solchen Vorhaben – mal abgesehen von notorischem Geldmangel – sind die Hürden oft hoch und der Wege dahin steinig. Aber sie haben viel erreicht.
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Im Oktober 1844 erschien in Leipzig das Buch von Max Stirner "Der Einzige und sein Eigentum", ein Buch, an dem sich bis heute die Geister scheiden, und das zu Anfang des 20. Jahrhunderts das philosophische Fundament für den sich auf Stirner berufenden individualistischen Anarchismus bildete.  
  
Für das Denkmal soll jetzt bis zum 150. Geburtstag Landauers am 7. April 2020 ein dauerhafter Standort gefunden werden. Bis dahin wurde erst mal eine Ausstellung realisiert, die professionell gemacht, einen hervorragenden Überblick über das Leben und die Aktivitäten Landuers bietet. Zu dieser Ausstellung ist zeitgleich ein kleiner Katalog erschienen, der die 24 Tafel der Ausstellung wiedergibt und z.T. um erweiterte Texte ergänzt wurde.
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Max Stirner (d.i. Johann Casper Schmidt, 1806-1856) verstand sich selbst allerdings niemals als Anarchist, und er gebrauchte den Begriff „Anarchie“ nur äußerst selten. Dort wo er ihn wie in seiner Kritik des Liberalismus benutzte, hat er ihn in seiner negativen Bedeutung verwandt. Statt der Anarchie propagierte Stirner in seinem Hauptwerk "Der Einzige und sein Eigentum" einen radikalen Egoismus, der allerdings unverkennbar anarchistische Züge trägt.
  
Gustav Landauer (1870-1919) gehört sicherlich nicht zu den lautesten der libertären Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, aber mit Sicherheit zu den profiliertesten. Und was wohl weniger bekannt ist, ist, dass Landauer in der Zeit von 1889-1917 – also die längste Zeit seines Lebens in Berlin tätig war. Die meisten verbinden Gustav Landauer mit seiner kurzen Zeit in München während der Räterepublik als Volksbeauftrager, der nach der Niederschlagung der Revolution durch Freikorps-Schergen nach seiner Verhaftung brutal erschlagen wurde.
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Während die akademische Forschung zu Stirner und seinem Werk in den letzten Jahren durchaus eine gewisse Renaissance erlebte, ist es um den organisierten individualistischen Anarchismus im deutschen Sprachraum still geworden. 2013 stellte die individualanarchistisch „angehauchte“ Zeitschrift „Espero“ ihr Erscheinen ein. Im Jahr darauf starb mit Uwe Timm ihr Mitherausgeber und einer der letzten Vor68er Repräsentanten des in der Tradition von John Henry Mackay stehenden deutschen Individualanarchismus. Auch die 2002 in Hummeltal bei Bayreuth gegründete Max-Stirner-Gesellschaft, die der akademisch ausgerichteten Max-Stirner-Forschung über ein Jahrzehnt als Plattform gedient hat, löste sich Ende 2013 auf.
  
Aber Landauer war mehr als nur ein politischer Aktivist. Er war Schriftsteller, Übersetzer, Philosoph, Redakteur, Essayist, Pazifist und Theoretiker eines libertäre Sozialismus, der aufbauend auf einen wissenschaftlichen, ethischen Anarchismus von Peter Kropotkin sich auch mit einer freiheitlichen Pädagogik beschäftigte, ebenso, wie die "Volksbühnenbewegung" unterstützte und förderte und den Genossenschaftsgedanken vorantrieb.
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Parallel zum Niedergang des deutschsprachigen organisierten Individualanarchismus konnte man innerhalb der libertären Linken beobachten, wie sich die Diskussion über das Verhältnis zwischen Anarchismus und Marxismus neu belebte. Zum einen hatte dies seine Ursache in der tlw. Rehabilitierung des Anarchismus durch die nach dem Niedergang des staatssozialistischen Modells nach ideologischer Neuorientierung suchenden marxistischen Linken. Zum anderen wurden in den letzten zwei Jahrzehnten auch in der libertären Linken vermehrt Stimmen laut, die das traditionell antagonistische Verhältnis von Marxismus und Anarchismus kritisch hinterfragten. Charakteristisch für diese Diskussion innerhalb der libertären Linken ist die von Philippe Kellermann herausgegebene Schriftenreihe „Begegnungen feindlicher Brüder. Zum Verhältnis von Anarchismus und Marxismus in der Geschichte der sozialistischen Bewegungen“, die der historischen Aufarbeitung und dem Versuch einer ideologischen Neuorientierung dient.  
  
Es bedarf wahrlich dieser 24 Ausstellungstafeln, die sich thematische mit den unterschiedlichsten Gebieten beschäftigen, in den Landauer bis in unserere Zeit hinein wirkt. Autor*innen unterschiedlicher Provinence haben sich hier zusammengefunden und die – zugegeben etwas textlastigen Tafeln – zu erstellen, was die Ausstellung sehr reizvoll macht und dokumentiert, dass ein anarchistisches Thema auch über die eigene Szene hinaus von Interessen sein kann. Hierfür gebührt der Denkmalinitiative ein großes Lob, denn oftmals ist selbst innerhalb der libertäre Szene es nicht einfach alle wichtigen Menschen in ein Projekt zu vereinen.
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Als Beitrag für die Reihe „Begegnungen feindlicher Brüder“ hat Jochen Knoblauch den Essay „Marx versus Stirner“ verfasst, der jedoch für die Veröffentlichung abgelehnt wurde. Soweit wollte man die „neue Brüderlichkeit“ zwischen Marxismus und Anarchismus nun doch nicht ausufern lassen, zumal Max Stirner und mit ihm der Individualanarchismus auch in der libertären Linken selbst nicht unumstritten ist.  
  
Einen kleinen Wermutstropfen hätte ich aber noch – selbst wenn der nicht schwerwiegend ist: Ich hätte mir einen von der Aufmachung her schöneren Katalog gewünscht, vielleicht in Zusammenarbeit mit einem Verlag, der mehr Möglichkeiten gehabt hätte ein äußeres Erscheinungsbild besser zu realisieren. Aber: Der Katalog selbst ist natürlich auch ein Ausdruck der beschränkten finanziellen Möglichkeiten, die die Denkmalsinitiative hat, und dafür ist er gut gelungen. Die Hoffnung, dass es in Berlin ein Denkmal für die libertäre Idee gibt erscheint realistisch und ist längst überfällig. Und dafür gebührt der beharrlichen Initiave der größte Respekt und Dank.
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Knoblauchs Essay ist im Oktober 2014 in einer erweiterten Fassung als eigenständiges Buch im Verlag Edition AV erschienen. Der Autor des Buches, Jochen Knoblauch, kommt aus dem früheren Umfeld der individualanarchistischen Mackay-Gesellschaft und hat mit Uwe Timm die Zeitschrift „Espero“ herausgegeben. So ist es nur konsequent, dass sein Essay als ein leidenschaftliches Credo zugunsten von Max Stirner und seiner Weltanschauung ausfällt. Mit Stirner und seinen Kritikern Marx und Engels treffen für Knoblauch Welten aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: „Individuum gegen Masse, Personenkult gegen Selbstbewusstsein, eine weitestgehende Freiheit gegen ein Heilsversprechen (egal ob religiös oder Partei geprägt)“.
  
Jochen Knoblauch
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Minutiös zeichnet Knoblauch den Konflikt zwischen Marx/Engels und Max Stirner nach, der ein ziemlich einseitiger Konflikt gewesen ist, denn zu einer offen geführten Auseinandersetzung zwischen Stirner und seinen Kritikern Marx und Engels ist es niemals gekommen. Ihre Kritik an Stirner, die sie am deutlichsten in ihrer Abhandlung "Die deutsche Ideologie. Kritik der neuesten deutschen Philosophie in ihren Repräsentanten Feuerbach, B. Bauer und Stirner, und des deutschen Sozialismus in seinen verschiedenen Propheten" formulierten, erschien erst posthum 1932, bzw. ein Teil der Stirner-Kritik war bereits unter dem Titel "St. Max" 1903/04 erschienen. Wer Freude an Polemik und Schmäh hat, für den ist der Text vom Marx und Engels sicher ein „Leckerbissen“. So wird Stirner in dem Text nur in Anführungszeichen geschrieben, oder er wird als "Sankt -" oder "Heiliger Max" oder eben als (Sankt) Sancho (in Anlehnung an Sancho Pansa, den Weggefährten des Don Quichote) bezeichnet. In der Endkonsequenz ist Stirner für die beiden Begründer des autoritären Kommunismus "Der hohlste und dürftigste Schädel unter den Philosophen . . ." , dessen "Musik", "wie die der Wischnupriester nur eine Note kennt . . ."
  
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Dem setzt nun Knoblauch seine eigene Polemik gegen Marx/Engels und den Marxismus jeder Spielart entgegen, und er schlägt mit Hilfe von eingestreuten Zitaten von Musikern wie Bob Dylan, The Doors, Leonard Cohen und Patty Smith Brücken von der philosophischen Revolte Max Stirners hin zur Revolte der Beat- und Punk-Generation, denen Knoblauch in seiner Jugend angehörte und die sein Anarchismusverständnis geprägt haben.
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Für Knoblauch repräsentiert Marx das 19. Jahrhundert, während Stirner über seine Zeit hinaus gewiesen hat. Und das ist für ihn der entscheidende Unterschied:
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„Aber, ohne Erbsen zählen zu wollen, geht es im Konflikt Marx gegen Stirner in erster Linie um Bürgertum gegen Punk, Massenauflauf gegen Individualismus, Mitläuferrevoluzzer gegen Empörerinnen bis hin zum langweiligen Staatssozialismus gegen Pogotänzerinnen. Marx hatte seine Chance - und er hat sie vertan. Stirner hatte keine Chance, aber er hat sie genutzt.“
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Ein mit Leidenschaft geschriebenes Buch über die Gegensätze zwischen Marxismus und Anarchismus, wie er sich von Max Stirner ableiten lässt – eine grimmige Dissonanz im Konzert der neuen „Brüderlichkeit“ zwischen Marxisten und Anarchisten, die aufhorchen lässt.
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Jochen Schmück<br>
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Potsdam, im April 2015
 
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Aktuelle Version vom 28. April 2019, 18:37 Uhr

Die DadA-Buchempfehlung

Buchcover: 978‐3868411201 Knoblauch-Marx vs Stirner.jpg
Autor/en: Jochen Knoblauch
Titel: Marx vs. Stirner
Untertitel: Oder: Ein Versuch über dieses & jenes
Verlag: Verlag Edition AV
Erscheinungsort: Lich
Erscheinungsjahr: 2014
Umfang, Aufmachung: 96 Seiten, Broschur.
ISBN: (ISBN-13:) 978‐3868411201
Preis: 14,80 EUR
Direktkauf: bei aLibro, der Autorenbuchhandlung des DadAWeb

Besprechung

Stirner hatte keine Chance, aber er hat sie genutzt

170 Jahre Stirners „Der Einzige und sein Eigentum“

Im Oktober 1844 erschien in Leipzig das Buch von Max Stirner "Der Einzige und sein Eigentum", ein Buch, an dem sich bis heute die Geister scheiden, und das zu Anfang des 20. Jahrhunderts das philosophische Fundament für den sich auf Stirner berufenden individualistischen Anarchismus bildete.

Max Stirner (d.i. Johann Casper Schmidt, 1806-1856) verstand sich selbst allerdings niemals als Anarchist, und er gebrauchte den Begriff „Anarchie“ nur äußerst selten. Dort wo er ihn wie in seiner Kritik des Liberalismus benutzte, hat er ihn in seiner negativen Bedeutung verwandt. Statt der Anarchie propagierte Stirner in seinem Hauptwerk "Der Einzige und sein Eigentum" einen radikalen Egoismus, der allerdings unverkennbar anarchistische Züge trägt.

Während die akademische Forschung zu Stirner und seinem Werk in den letzten Jahren durchaus eine gewisse Renaissance erlebte, ist es um den organisierten individualistischen Anarchismus im deutschen Sprachraum still geworden. 2013 stellte die individualanarchistisch „angehauchte“ Zeitschrift „Espero“ ihr Erscheinen ein. Im Jahr darauf starb mit Uwe Timm ihr Mitherausgeber und einer der letzten Vor68er Repräsentanten des in der Tradition von John Henry Mackay stehenden deutschen Individualanarchismus. Auch die 2002 in Hummeltal bei Bayreuth gegründete Max-Stirner-Gesellschaft, die der akademisch ausgerichteten Max-Stirner-Forschung über ein Jahrzehnt als Plattform gedient hat, löste sich Ende 2013 auf.

Parallel zum Niedergang des deutschsprachigen organisierten Individualanarchismus konnte man innerhalb der libertären Linken beobachten, wie sich die Diskussion über das Verhältnis zwischen Anarchismus und Marxismus neu belebte. Zum einen hatte dies seine Ursache in der tlw. Rehabilitierung des Anarchismus durch die nach dem Niedergang des staatssozialistischen Modells nach ideologischer Neuorientierung suchenden marxistischen Linken. Zum anderen wurden in den letzten zwei Jahrzehnten auch in der libertären Linken vermehrt Stimmen laut, die das traditionell antagonistische Verhältnis von Marxismus und Anarchismus kritisch hinterfragten. Charakteristisch für diese Diskussion innerhalb der libertären Linken ist die von Philippe Kellermann herausgegebene Schriftenreihe „Begegnungen feindlicher Brüder. Zum Verhältnis von Anarchismus und Marxismus in der Geschichte der sozialistischen Bewegungen“, die der historischen Aufarbeitung und dem Versuch einer ideologischen Neuorientierung dient.

Als Beitrag für die Reihe „Begegnungen feindlicher Brüder“ hat Jochen Knoblauch den Essay „Marx versus Stirner“ verfasst, der jedoch für die Veröffentlichung abgelehnt wurde. Soweit wollte man die „neue Brüderlichkeit“ zwischen Marxismus und Anarchismus nun doch nicht ausufern lassen, zumal Max Stirner und mit ihm der Individualanarchismus auch in der libertären Linken selbst nicht unumstritten ist.

Knoblauchs Essay ist im Oktober 2014 in einer erweiterten Fassung als eigenständiges Buch im Verlag Edition AV erschienen. Der Autor des Buches, Jochen Knoblauch, kommt aus dem früheren Umfeld der individualanarchistischen Mackay-Gesellschaft und hat mit Uwe Timm die Zeitschrift „Espero“ herausgegeben. So ist es nur konsequent, dass sein Essay als ein leidenschaftliches Credo zugunsten von Max Stirner und seiner Weltanschauung ausfällt. Mit Stirner und seinen Kritikern Marx und Engels treffen für Knoblauch Welten aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: „Individuum gegen Masse, Personenkult gegen Selbstbewusstsein, eine weitestgehende Freiheit gegen ein Heilsversprechen (egal ob religiös oder Partei geprägt)“.

Minutiös zeichnet Knoblauch den Konflikt zwischen Marx/Engels und Max Stirner nach, der ein ziemlich einseitiger Konflikt gewesen ist, denn zu einer offen geführten Auseinandersetzung zwischen Stirner und seinen Kritikern Marx und Engels ist es niemals gekommen. Ihre Kritik an Stirner, die sie am deutlichsten in ihrer Abhandlung "Die deutsche Ideologie. Kritik der neuesten deutschen Philosophie in ihren Repräsentanten Feuerbach, B. Bauer und Stirner, und des deutschen Sozialismus in seinen verschiedenen Propheten" formulierten, erschien erst posthum 1932, bzw. ein Teil der Stirner-Kritik war bereits unter dem Titel "St. Max" 1903/04 erschienen. Wer Freude an Polemik und Schmäh hat, für den ist der Text vom Marx und Engels sicher ein „Leckerbissen“. So wird Stirner in dem Text nur in Anführungszeichen geschrieben, oder er wird als "Sankt -" oder "Heiliger Max" oder eben als (Sankt) Sancho (in Anlehnung an Sancho Pansa, den Weggefährten des Don Quichote) bezeichnet. In der Endkonsequenz ist Stirner für die beiden Begründer des autoritären Kommunismus "Der hohlste und dürftigste Schädel unter den Philosophen . . ." , dessen "Musik", "wie die der Wischnupriester nur eine Note kennt . . ."

Dem setzt nun Knoblauch seine eigene Polemik gegen Marx/Engels und den Marxismus jeder Spielart entgegen, und er schlägt mit Hilfe von eingestreuten Zitaten von Musikern wie Bob Dylan, The Doors, Leonard Cohen und Patty Smith Brücken von der philosophischen Revolte Max Stirners hin zur Revolte der Beat- und Punk-Generation, denen Knoblauch in seiner Jugend angehörte und die sein Anarchismusverständnis geprägt haben.

Für Knoblauch repräsentiert Marx das 19. Jahrhundert, während Stirner über seine Zeit hinaus gewiesen hat. Und das ist für ihn der entscheidende Unterschied:

„Aber, ohne Erbsen zählen zu wollen, geht es im Konflikt Marx gegen Stirner in erster Linie um Bürgertum gegen Punk, Massenauflauf gegen Individualismus, Mitläuferrevoluzzer gegen Empörerinnen bis hin zum langweiligen Staatssozialismus gegen Pogotänzerinnen. Marx hatte seine Chance - und er hat sie vertan. Stirner hatte keine Chance, aber er hat sie genutzt.“

Ein mit Leidenschaft geschriebenes Buch über die Gegensätze zwischen Marxismus und Anarchismus, wie er sich von Max Stirner ableiten lässt – eine grimmige Dissonanz im Konzert der neuen „Brüderlichkeit“ zwischen Marxisten und Anarchisten, die aufhorchen lässt.

Jochen Schmück
Potsdam, im April 2015

INHALT

Teil 1: Die Alten

  • Einleitung (I)
  • Vorab (II)
  • Schneeballschlacht (III)
  • Zur Rezeptionsgeschichte von Stirners "Einzigen" und Marx/Engels' "Die deutsche Ideologie"
  • Marx / Engels und ihre Apologeten (Eine Auswahl)
  • Noch was literarisch-künstlerisches
  • (Vorläufige) Schlußbetrachtung


Teil 2: Die Jungen

  • Schöne Aussichten hier
  • Über das geniale Scheitern
  • Vom Schluss zum Schulterschluss
  • Nachtrag
  • John Henry Mackay, An Max Stirner. Ein Gedicht

Anhang

Abbildungsnachweis


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