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Dieter Schrage - Gedenkseite

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Wer die Erinnerung an ihn mit uns teilen möchte, kann dies gerne hier auf der für ihn eingerichteten Gedenkseite tun. Hierfür bitte Deinen Text auf der frei zugänglichen Diskussionsseite einstellen, wir übernehmen ihn dann hier auf die Hauptseite.

Danke, --Jochen_S 10:40, 4. Aug. 2011 (CEST)

Wir trauern um Dr. Dieter Schrage

Der Kulturwissenschaftler, Kunstpädagoge und anarchistische Politaktivist Dieter Schrage, der bis zuletzt unermüdlich in zahlreichen Projekten engagiert war, verstarb unerwartet am 29. Juni 2011 in Wien.

Er war Mitbegründer und zuletzt auch Ehrenvorsitzender der Pierre Ramus-Gesellschaft. Mit seinem Tod verlieren wir vor allem einen guten Freund, dessen Einsatz für eine solidarische Gesellschaft, dessen hohe fachliche Kompetenz, aber auch dessen Kontaktfreudigkeit, Herzenswärme und Menschlichkeit immer einen tiefen Eindruck hinterlassen haben.

Wir können den Verlust noch nicht richtig erfassen!

für die Pierre Ramus-Gesellschaft Dr. Gerhard Senft


Dieter Schrage

Er zählte zu den prägenden Persönlichkeiten der Wiener Kunstszene, von vielen geliebt, für mehrere ein rotes Tuch und für die Roten ein grünes Tuch.

Dieter stand für kritische, realistische Kunst, für gesellschaftliches und politisches Engagement in der Kunst, für Avantgarde, Alternativkultur und Underground. Er war der Fachmann für Museumskunst ebenso wie für tagesaktuelle Kunst in anarchistischen Beisln und alternativen Zeitschriften, war Ratgeber und Helfer für Künstler/innen und alle jene, die sich an organisatorische Aufgaben in der Kunstszene herangewagt haben. Er war ein souveräner, glaubwürdiger und überzeugender Mittler zwischen Hochkultur und politischer Alternativkultur (wie der von ihm mit organisierten Arena-Bewegung) und eine Verkörperung des nach Befreiung strebenden künstlerischen Gewissens.

Unser Freund und Weggefährte Hermann Dieter Schrage ist am 29. Juni 2011 gestorben. Er war am 28. Juni 1935 in Hagen in Westfalen zur Welt gekommen. Nach einer Journalistenausbildung in Aachen studierte er in Köln Theaterwissenschaft und Politologie. Im Jahr 1960 übersiedelte er nach Wien, betrieb hier neben dem Studium eine Töpferei und wurde 1967 promoviert. Er wirkte bei Theaterprojekten mit und gehörte zu den Gründern des Freien Kinos, eines pionierhaften Programmkinos, das er eine Zeit auch leitete. Im Jahr 1969 trat er als Kunstberater in die damalige Zentralsparkasse der Gemeinde Wien ein, wo er Förderungen durch deren Kunstfonds leitete und den kulturinitiativen Z-Club mit ins Leben rief. Von dort wechselte er als Kurator zum Museum moderner Kunst (mumok). Er nahm Lehraufträge an den Universitäten Wien und Salzburg sowie an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien wahr, lehrte am Institut für Volkskunde und war Mitherausgeber der Reihe Wiener Beiträge zu Kulturwissenschaften und Kulturpolitik. Seine Mitwirkung im Volksbildungswesen wurde 1994 mit dem den Preis der Stadt Wien für Volksbildung gewürdigt.

Dass Dieter 1987 die SPÖ in Richtung Grüne verließ, tat seinem Engagement für Sozialismus keinen Abbruch.

Er gehörte zu den Gründern der 1992 ins Leben gerufenen Pierre Ramus-Gesellschaft. Sie widmet sich dem Wirken dieses in die Geschichte des aufständischen Geistes eingegangenen Theoretikers und Praktikers des Anarcho-Pazifismus, dem sich Dieter seelenverwandt gefühlt haben dürfte. Wie jener trat auch er für die gesellschaftliche Selbstorganisation und gegen Unterwerfung und Ausbeutung ein. Noch am 4. Juni 2011 hatte er auf der Auftaktveranstaltung für den Solidarische Ökonomie-Kongress 2012 gesprochen, dessen Vorläufer-Kongress 2009 er mit organisiert hatte.

Von 1981 bis 1989 war er Präsident der Österreichisch-kubanischen Gesellschaft. In dieser Funktion ist es ihm gelungen, mit viel Verständnis für die spezifischen Anliegen der verschiedenen Lateinamerika-Initiativen eine starke und geeinte Solidaritätsbewegung für dieses vom Imperialismus bekämpfte Land aufzubauen und eine Zusammenarbeit mit der Friedensbewegung einzuleiten. Zahlreiche international bekannte lateinamerikanische Künstler/innen und Politiker/innen folgten seinen Einladungen nach Österreich, und er bewirkte Besuche österreichischer Künstler/innen in Kuba.

Anfang der 1970erjahre ging aus den Reihen der „Annagasse-Linken“ die (zweite) initiative für eine sozialistische politik der spö (isp) hervor, in deren Reihen auch Dieter aktiv war. In diesem Milieu kam auch die Gründung unserer Zeitschrift zustande. Dieter gehörte zu unseren Unterstützer/inne/n, war Mitglied unseres Herausgebervereins, veröffentlichte bei uns, wirkte in unserem Grundlagenseminar im Institut für Wissenschaft und Kunst mit und versorgte uns mit Unterlagen für unsere Titelbilder. Und 1997 richtete er mit anderen unser Fest zum 25-Jahre-Jubiläum aus.

Lieber Dieter, Dein Leben war von großem inhaltlichem Reichtum erfüllt. Danke, dass Du uns daran Anteil nehmen ließest. Du wirst uns stets gegenwärtig bleiben.

Herbert Anderson, Walter Eckhart, Paul Habr, Alfred Kohlbacher,

Heinz Karl Leitner, Philipp Maurer, Gerhard Senft und peter ulrich lehner

Macht als Fremdes

Doch was immer auch gegen seine politischen Standpunkte eingewendet werden mag (die auch der Schreiber dieser Zeilen nicht immer teilt), niemand wird Dieter vorwerfen können, nach Macht gestrebt zu haben, um seine Auffassungen durchzusetzen. Er setzt(e) vielmehr immer auf Mahnen, Überzeugen, Beispiel-Geben, ist stets auf der Seite der Schwächeren und Benachteiligten, bedient(e) sich in Diskussionen keiner unfairen Tricks und Untergriffe, im Gegenteil, er macht(e) sich durch seine Offenheit verwundbar und übt(e) seine Toleranz auch gegenüber jenen, die nicht bloß Gegner (waren) sind, sondern ihm zuweilen auch übel woll(t)en. Eine Haltung, die innere Gefestigkeit voraussetzt und die sich in seinen sozialphilosophischen Überlegungen zum Thema Macht äußert:

„Die politischen Alternativen zur Macht sind für mich Verantwortung (nicht unbedingt in einer Regierung), Einflußnahme (zum Beispiel als Aufklärung oder als Provokation, Widerstand und anderes) und (Mit-)Gestaltung als kreativer gesellschaftlicher Prozeß. Ein Spiel mit Worten nur? Auf der Basis von Macht ist letztlich Demokratie nicht möglich. Meinen wir vielleicht dennoch alle das Gleiche und gebrauchen wir nur verschiedene Worte? ... Unsere Positionen unterscheiden sich so, wie sich ein Kernkraftwerk von einem Gezeiten- oder Windkraftwerk unterscheidet ...' (Seite 42). (Da sich Dieter bei dieser Utopie auf eine Bemerkung des Schreibers dieser Zeilen stützt, die dieser ihm gegenüber einmal bei einem Spitalsbesuch gemacht hat, sei dieser von ihm nicht ganz richtig wiedergegebene Satz der Ordnung halber hier festgehalten: „Der Sinn der Macht liegt in ihrem Missbrauch, alles andere wäre Verantwortung.“)

So kommen auch „Realisten“, die „es immer schon gewusst“ haben, um Dieters Denkanstöße nicht herum. Durch diese wird sein vermeintliches Scheitern ins Positive gewendet. Dadurch stellt sich auch die Frage, ob sein „Scheitern“ nicht doch das Scheitern der anderen ist, weil ihnen diese von Dieter als wesentlich erkannte Problemstellung verborgen geblieben ist?

Aus Peter Ulrich Lehner "Vom Scheitern der anderen. Versuch über Dieter Schrage", in Pierre Ramus' "Neuschöpfung der Gesellschaft". Herausgegeben von er Pierre Ramus-Gesellschaft, Verlag Monte Verita, Wien 2005, Seite 369f.


Die Nachricht vom Ableben von Herrn Dr. Dieter Schrage schmerzt mich sehr.

Ich möchte sagen, daß ich mich ihm in den wenigen Begegnungen stets mit einer unbestimmten Scheu genähert habe; etwa so, wie man einem Weisen begegnet: mit Ehrfurcht, nein: mit einer besonderen Art der Achtung, die nur ganz wenige Menschen verdienen. Doch diese meine Haltung ist nie unerwidert geblieben.

Seine wohltuende, freundliche Aufmerksamkeit war stets begleitet von einer sanften Neugierde, die mir gleich zu Beginn nicht nur Interesse, sondern insgleichen diese besondere Art der Achtung reflektierend entgegengebracht hat.

Mit ihm ein paar Worte gewechselt zu haben: das war mir immer ein Gefühl, angenommen zu sein, ohne Vorbehalte, ohne Kritik, doch konfrontiert mit einem scharfen Verstand, der beinahe zärtlich zu entdecken sucht und dabei nicht selten mit Wissen und Weitblick sehr weise zu korrigieren vermag – wie es einem weisen Menschen ziemt.

Ich hoffe, Niemand möge von einem „Verlust“ sprechen, vielmehr von einer großen Lücke, die sein Tod hinterläßt, die zu füllen mehr als Wissen, Bildung und Gelehrtheit bedarf. In seine Fußstapfen kann wohl Niemand treten, vielleicht jedoch sie weiterführen …

Traurig

Friedrich F. Brezina


Ich hatte das Glück, noch einer Lesung von Dieter Schrage im „Amadeus“ beizuwohnen, wir saßen nachher lange gemütlich bei einander. Ich dachte damals nicht im Entferntesten, dass es das letzte Mal sein würde. Aber ich kann bestätigen: Ich werde ihn als einen herzlichen und gütigen Menschenfreund in Erinnerung behalten.

Ich bin in der Trauer mit Euch vielen verbunden.

Anton Mantler


Danke für die Mitteilung über das Ableben von Dieter Schrage, den ich seit meiner Zeit bei der „Z“ gut kannte und sehr schätzte. Er war ein großer Humanist und freiheitlicher Sozialist. Er wird mir und vielen Gleichgesinnten fehlen! Ehre seinem Andenken!

Rudolf O. Zucha