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Fourier, Charles

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Lexikon der Anarchie: Personen - Ja In Arbeit


Gedenktafel für Charles Fourier

Charles Fourier, eigentlich François-Marie-Charles Fourier, (geb. 7. April 1772 in Besançon; gest. 10. Oktober 1837 in Paris) war ein frühsozialistischer Theoretiker.

Leben

Charles Fourier wurde als Sohn eines großen Kaufmanns geboren. Das elterliche Erbe verlor er allerdings 1793 bei der Belagerung Lyons im Zuge der französischen Revolution. Er zog nach Paris und verfasste - inspiriert und in kritischer Auseinandersetzung mit Saint-Simon - seine eigene Utopie. Im Zentrum dessen steht das Individuum und dessen Triebe. Das Ziel seiner Utopie ist es, die universelle Harmonie herzustellen, in dem jedes Individuum seine Neigungen und

Als "utopischer" Frühsozialist wurde er auch Opfer von Friedrich Engels Polemik im Anti-Dühring ("Herrn Eugen Dühring's Umwälzung der Wissenschaft") bzw. in dem auch separat unter dem Titel "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" veröffentlichten Passage.

Werk und Wirkung

Im Jahr 1806 verfaßte Fourier sein Hauptwerk - ""; zehn Jahre später erschien sein Werk Werk "".

Die Verbreitung seine rWerke unternahmen seine Schüler - allen voran Victor Considerent.

Stellenwert innerhalb des libertären Spektrums

Charles Fourier ist als einer der führenden Frühsozialisten seiner Zeit ein Wegbereiter des Anarchismus. Das Werk von Charles Fourier war sehr prägend für Pierre-Joseph Proudhon und für das Denken von Daniel Guerin. Dieser hat gerade in den frühen Schriften wiederholt auf ihn Bezug genommen. Karl Marx und Friedrich Engels warfen Max Stirner vor, dass sein Konzept vom Verein der Egoisten lediglich eine Übernahme von Fouriers Phalanx-Vorstellung sei. Für andere, spätere Libertäre hat er hingegen keine spezifische Rolle mehr gespielt.


Seine Überlegungen zur freien Liebe, Selbstverwaltung und seine von Jean-Jacques Rousseau beeinflußten, pädagogischen Ansätze (Pädagogik) weisen allerdings eine Reihe von Anknüpfungspunkte für den anarchistischen Diskurs auf.

Die Gedanken zur freien Liebe, die er inspiriert vom Werk des Marquis de Sade in seinem Werk "Le nouveau Monde amoureux" (1816) zu Papier brachte, gelten als Grundlagenschrift zum Konzept der freien Liebe. Er führte den Begriff damit in den Diskurs ein.

Der deutsch-jüdische Germanist Henri Arvon nennt ihn in seiner Darstellung der Selbstverwaltung ("autogestion") einen Vorläufer von Proudhon. Diedrich Peters sieht die Anknüpfungspunkte bei Fourier für die anarchistische Pädagogik in Bezug auf:

  • seine Schulkritik
  • die eigene Wahlmöglichkeit der Kinder, am Schulunterricht teilzunehmen oder nicht

Die frühsozialistischen Ansätzen - inklusive jener Fourier - seien allerdings nach Peters im Anarchismus modifiziert worden.

Ergänzen läßt sich noch, dass Fourier sich auch schon zu seiner Zeit für die (Schul-)Bildung von Mädchen stark gemacht hat.

Eine literarische Darstellung von Fourier Pädagogikvorstellungen hat Emile Zola in "Die Arbeit" vorgelegt.

Werke

Denkmal für Charles Fourier

Oeuvres complètes, 11 tomes, Éd. Anthropos Paris 1971.

Einzelne Texte:

  • La théorie des quatres mouvements et des destinées générales: PDF
  • Le Nouveau Monde amoureux: PDF
  • Le nouveau monde industriel, ou, Invention du procédé d'industrie attrayante et combinée, distribuée en séries passionnées Ebook

Deutsche Übersetzungen:

  • Aus der freien Liebeswelt, Wagenbach Verlag Berlin (West) 1968.
  • Die Freiheit in der Liebe, Edition Nautilus Hamburg 2017.
  • Die harmonische Erziehung, Verlag Volk & Wissen Berlin (Ost) 1958.
  • Theorie der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen, Europäische Verlagsanstalt Frankfurt/M. 1966.
  • Über das weltweite soziale Chaos, De Gruyter Verlag Berlin/New York 2012.

Literatur

  • Arvon, Henry: L'Autogestion, Presses universitaires de France Paris 1980.
  • Barthes, Roland: Sade. Fourier. Loyola, Suhrkamp Verlag Frankfurt/M. 1986.
  • Bartier, John: Fourier en Belgique, Bibliothèques de l'université Libre de Bruxelles & Du Lerot Bruxelles 2005.
  • Bebel, August: Charles Fourier, Reclam Verlag Leipzig 1978. Link zum Volltext
  • Breton, Andre: Ode an Charles Fourier, Karin Kramer Verlag Berlin 1982.
  • Chlada, Marvin / Gwisdalla, Andreas: Charles Fourier. eine Einführung in sein Denken,
  • Debout, Simone: L'utopie de Charles Fourier, Payot Paris 1978.
  • Garaudy, Roger: Die französischen Quelles des wissenschaftlichen Sozialismus, Rütten & Loening Berlin 1954.
  • Greulich, Hermann: Karl Fourier. Ein Vielverkannter, Schweizer Grütliverein Zürich 1919.
  • Grün, Karl: Die soziale Bewegung in Frankreich und Belgien. Briefe und Studien, Lecke Darmstadt 1845. Link zum Volltext
  • Leopold,David: Education and utopia: Robert Owen und Charles Fourier, in: Christopher Brooke / Elizabeth Frazer (Hrsg.): Ideas of Education. Philosophy and politics from Plato to Dewey, Rutledge London / New York 2013, S. 178-193.
  • Peters, Diedrich: Charles Fourier als libertäre Pädagoge und seine Wirkung auf die anarchistische Pädagogik, in: Ulrich Klemm (Hrsg.): Anarchismus und Bildung, Edition Flugschriften Ulm 1988, S. 9-17.
  • Schuhmann, Maurice: Pädagogische Konzepte im frühsozialistischen Diskurs, in: Klemm / Grunder / Schuhmann: Freiheitliche Pädagogik. Bildung und Erziehung in frühsozialistischen, libertären und reformpädagogischen Kontexten, Verlag Klemm und Oelschläger Ulm / Münster 2013, S. 9-20.
  • Stein, Lorenz von: Der Socialismus und Communismus des heutigen Frankreichs. Ein Beitrag zur Zeitgeschichte, Wiegand Leipzig 1841 Link zum Volltext
  • Zola, Emile: Arbeit, ELV Verlag Bremen 2011.
Grab von Charles Fourier

Philosophische Gesellschaft

In Frankreich existiert die Association d’études fouriéristes, die regelmäßig eine Revue unter dem Titel "Cahiers Charles Fourier" herausgibt.

Link zur Gesellschaft: L'Association d’études fouriéristes


Autor: Maurice Schuhmann

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